· 

Die Marschbahn im Zeichen der Batteriefabrik in Heide


Beitrag:

Christina Wagner

Eisenbahnhochbrücke Hochdonn
Die alte Eisenbahnhochbrücke Hochdonn ist für schwere Güterzüge von und zur Batteriefabrik Northvolt in Heide nicht geeignet.

Hurra, die Batteriefabrik kommt nach Heide. Die größte Industrieansiedlung seit Jahren in Schleswig-Holstein. Ein Innovationsschub für das Land. Hochtechnologie Made in Schleswig-Holstein.

 

 

Dieses lässt man sich was kosten. Die EU bewilligt insgesamt eine Förderung von 902 Mio. Euro. Diese beinhaltet 700 Mio. Euro direkte Zuschüsse. 564 Mio. Euro kommen vom Bund, 136 Mio. Euro zahlt das Land Schleswig-Holstein. Weitere 202 Mio. Euro sind als Garantie vorgesehen. Trotz leerer Haushaltskassen greift man tief in die Taschen. Ansonsten hätte der schwedische Konzern sich wegen den hohen Förderungen in den USA für einen dortigen Standort entschieden. Ohne diese Fördersummen wäre Heide, oder ein anderer europäischer Standort nicht gewählt worden.

 

 

Doch mit diesen Kosten dürfte es nicht getan sein. Schon früh geriet die Marschbahn, insbesondere die Schleife über Glückstadt, ins Visier. Northvolt erwartet, dass ein großer Teil der 3.000 Beschäftigten aus der Region Hamburg kommen wird. Damit stand die Beschleunigung der Bahnstrecke Hamburg – Heide als Forderung im Raum. Die „Horster-Spange“, die Direktverbindung zwischen Elmshorn und Itzehoe soll die Lösung bringen. Durch die neue Streckenführung würde sich die Fahrzeit um gut 10 Minuten verkürzen. Nicht nur gut für die Arbeitskräfte die schnell zur Arbeit und nach Hause wollen, sondern auch nebenbei für den Tourismus.  Wer will schon durch die schöne Landschaft von Schleswig-Holstein geschaukelt werden, wenn man nur eines will, schnell an den Urlaubsort an der Nordseeküste.

 

 

Auch die Anwohner der Strecke über Glückstadt brauchen sich keine Sorgen machen, sie werden nicht abgekoppelt. Die Züge von Itzehoe über Kremperheide, Krempe, Glückstadt, Herzhorn und Elmshorn werden weiter nach Hamburg verkehren. Dieses sagt jedenfalls der gegenwärtige Nahverkehrsplan aus. Ein Schelm der dabei Zweifel bekommt. Dieses würde bedeuten, noch mehr Züge auf der ohnehin hochbelasteten Strecke Elmshorn – Hamburg! Könnte der tolle Plan von der Realität eingeholt werden? Da darf man sich fragen, ob es nicht wahrscheinlicher ist, dass zukünftig dann nur noch Züge auf der alten Schleife über Glückstadt zwischen Itzehoe und Elmshorn pendeln werden? In der Rushhour könnte es durchgehende Züge von und nach Hamburg geben, aber ansonsten könnte es in Elmshorn heißen: Umsteigen. Dieses würde für die Anwohner an der alten Schleife Fahrzeitverlängerung bedeuten. Dieses ist nur ein Szenario für die dann zukünftige Nebenstrecke. Aber auch unwahrscheinlich? Wenn dem ehr ländlichen Raum an der alten Schleife eines fehlt, dann Industriekonzerne die Druck für eine gute Bahnverbindung ausüben könnten. Man darf gespannt sein, was sich die Planer später im Bezug auf die Streckennutzung einfallen lassen werden.

 

 

Aber damit ist das Thema Marschbahn noch nicht erledigt. Die Elektrifizierung der Strecke endet derzeit in Itzehoe. Damit steht hier ein Lokwechsel an, zumindest aktuell bei den IC-Zügen und Güterzügen. Weitere gut 10 Minuten gehen Richtung Heide verloren und es geht mit Dieselloks weiter. Damit leidet nicht nur die Fahrzeit, sondern auch das „Grüne“ Fahren. Daher soll die Strecke zwischen Itzehoe und Heide elektrifiziert werden. Später soll diese eventuell auch bis Sylt fortgeführt werden. Die Kosten dürften doch einige Millionen Euro betragen. Auch sollen Streckenabschnitte für Geschwindigkeiten bis 160 km/h ausgebaut werden. Neben Umbauten an der Strecke erfordert dieses eine Erneuerung der Steuer- und Leittechnik. Dieses dürfte weitere Millionen kosten.

 

 

Man kann wirklich sagen, die Ansiedlung der Batteriefabrik in Heide macht trotz Haushaltlöchern ordentlich Gelder locker.

 

 

Aber halt, da kommt ein weiteres Problem auf der Marschstrecke hinzu, die Brücke über dem Nord-Ostsee-Kanal bei Hochdonn. Die alte Brücke ist für schwere Güterzüge ungeeignet. Nur Züge bis etwa 1.000 t können die Brücke passieren. Sie soll in den nächsten Jahren für etwa 100 Mio. Euro saniert werden, aber an der Tragkraft der Brücke soll sich dadurch nichts ändern. Da man von deutlich schwereren Güterzügen durch die Batteriefabrik ausgeht, ist die Brücke ein weiteres Nadelöhr. Was tun? Güterzüge, wie derzeit von der Raffnerie Hemmingstedt, in Teilen bis Itzehoe befördern und dort zu längeren Zügen zusammenstellen und in Gegenrichtung umgekehrt? Bei mehreren Zügen am Tag wohl nicht parktikabel.

 

 

Kurzfristig scheint man da auf eine andere Streckenlösung zu setzen wollen. Die Strecke Heide – Neumünster. Hier gibt es zwar auch eine Brücke bei Grünental. Diese neuere Brücke weist eine höhere Tragkraft auf, so dass sie auch von schweren Züge passiert werden kann. Diese eingleisige Strecke könnte somit neue Bedeutung gewinnen, jedenfalls vorrübergehend. Bevor man aber diese Strecke im angedachten Umfang für Güterzüge nutzen kann, müsste die eingleisige Strecke mit mehreren Ausweichgleisen an verschiedenen Stellen nachgerüstet werden. Auch scheint es Überlegungen zu geben, die Geschwindigkeit auf 120 km/h heraufzusetzen. Diese intensivere Nutzung der Strecke und eventuell höhere Geschwindigkeit macht eine neue Steuerungstechnik und auch die Abschaffung der unbeschrankten Bahnübergänge erforderlich. Auf jeden Fall wird auch diese als Übergangslösung angedachte Streckenführung für die Güterzüge einige Millionen verschlingen.

 

 

Und was wird aus der alten Hochbrücke Hochdonn? Schon überlegt man, ob man nicht einen Ersatzbau ins Auge fassen sollte. Denn die Brücke stellt nicht nur in Bezug auf die Tragkraft ein Problem da, sie ist auch eine Langsam-Fahrstrecke, die den Traum von Fahrzeitverkürzungen ausbremst.

 

 

Bei dem Gedanken an einen Neubau fällt dem aufmerksamen Betrachter wieder eine Schleife der Bahnstrecke ins Auge, die über Burg. Da kommt die Frage auf, muss ein Ersatzbau bei Hochdonn erfolgen? Durch die Batteriefabrik sind ja Bahn-Spangen aktuell, warum also nicht auch noch eine „Ecklack-Spange“? Von Wilster direkt nach Sankt Michaelisdonn würde sich die Strecke und die Fahrzeiten deutlich verkürzen. Damit man in der Marsch nicht die langen und hohen Auffahrten zur Brücke hat, wäre doch ein Tunnel unter dem Nord-Ostsee-Kanal eine tolle Sache, oder? Das würde die Marschbahnstrecke doch deutlich beschleunigen. Noch ist offen, ob die Politik eine solche Lösung ergreifen wird. Eines ist jedoch sicher, ob neue Brücke bei Hochdonn oder Spangenlösung mit Tunnel, es wird mehrere 100 Millionen Euro kosten.

 

 

Jedenfalls scheint die Northvolt Batteriefabrik in Heide Bewegung in das Schienennetz zu bringen. Der Bau der Horster-Spange, der Ausbau der Strecke Heide – Neumünster als „Übergangslösung“ für den Güterverkehr, die Elektrifizierung der Strecke Itzehoe – Heide, und der mögliche Neubau einer Querung des Nord-Ostsee- Kanals. Wenn man alles zusammenrechnet, hört es sich der Ausbau der Bahn nicht nach einem Million-, sondern eher nach einem Milliardenprojekt an. Ein Industrieansiedlung macht es offensichtlich trotz leerer Kassen möglich.

 

 

Sicherlich sind Investitionen in das Schienennetz zu begrüßen. Wann welche Baumaßnahme allerdings erfolgen wird, ist noch offen. Ob sich darauf allerdings alle freuen dürfen ist doch fraglich. Besonders in Bezug auf die „Horster-Spange“ bleiben die Folgen für die Strecke über Glückstadt und die Auswirkungen auf die Attraktivität dieser Region abzuwarten. Doch noch dürfte völlig offen sein, ob sie überhaupt Realität wird. Da man verkündet hat, dass die Gleise zwischen Elmshorn und Glückstadt erneuert werden sollen, könnte der kostenintensive Neubau der Horster-Spange auch entfallen. Die Anwohner der sonst eher ruhigen Strecke Heide – Neumünster dürfen sich auf eines freuen, auf regen Güterzugverkehr. Hier geht man von einem Volumen von täglich 12 Güterzügen aus. Der hierfür notwendige Ausbau der Strecke soll in naher Zukunft beginnen.

 

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 0