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Karl-Heinz Brüggmann
Wie ich die Nachrichten im Radio hörte, bekam ich einen Schreck. Was war das, man will den Verlauf der Marschbahn von Horst über eine ganz neue Trasse nach Itzehoe, entlang der Autobahn verändern? Alles wegen einer „Giga-Batteriefabrik“, die vor den Toren von Heide entstehen soll und dessen Führung das zur Bedingung gemacht hat, damit die zukünftigen, pendelnden Beschäftigen zügiger Ihren Arbeitsplatz erreichen? Woher weiß man, aus welchen Gebieten die eventuellen Beschäftigen kommen und dass sie mit der Bahn pendeln? Noch unfassbarer ist, dass diese Forderung von einem Unternehmen kommt, das dann selbst nicht über einen Bahnanschluss verfügen wird und alle Transporte über die Straße abwickelt.
Der nächste Hammer ist, dass es durch die neue Strecke zu einer Verkürzung von 34 km auf 24 km, also ganze 10 km kommt und die Fahrzeit von 22 Minuten auf 12 Minuten, also um sage und schreibe ganze 10 Minuten kommt. Da für will die Landesregierung gigantische Summen ausgeben und zulassen, dass jede Menge Landschaft und Natur geopfert werden. Interessant ist auch, dass der Plan schon steht, abgesegnet durch unseren neuen Landesverkehrsminister, obwohl die Landesregierung erst kurz im Amt ist. Das riecht nach Lobbyarbeit der Landesregierung.
Der Ausbau und die Elektrifizierung nach Westerland/Sylt ist ja wohl viel wichtiger und sinnvoller, als ein kompletter Streckenneubau für Pendler eines einzigen Untenehmens ohne Bahnanschluss, die dann doch wieder mehr das Auto bevorzugen. Wie wir bisher feststellen konnten, ist die Mitarbeiterzahl von Betriebsneuansiedlungen immer viel zu hoch berechnet.
Was hatte die Marschbahn doch zu meiner Kinder- und Jugendzeit für eine Bedeutung für Glückstadt? Es gab nicht nur D-, bzw. Schnellzughalte, in neuerer Zeit sogar ICE-Halte, der Bahnhof mit Güterbahnhof besaß auch eine eigene Rangierlok ( Stammlokomotive ), die V20, spätere 270. Diese bediente u.a. die Hafenbahn mit dem Hafenumschlag, sowie die Holzfirma Gehlsen, die Heringsfischerei, Brennstoffhändler und die Gleisanschlüsse der Papierfabrik Peter Temming ( heute Steinbeis), die auf ihrem Gelände die eigenen Lokomotiven einsetzte . Auf der Fabrik-Nordseite eine zweiachsige Deutz Diesellok mit Blindwellenantrieb und auf der Südseite eine zweiachsige feuerlose Dampfspeicherlok, die mit dem Abdampf der Fabrik betrieben wurde. Für den firmeninternen Transport sorgte ein Netz von Schmalspurgleisen, bedient von drei dreiachsigen Schmalspurdieselloks. Gegen Abend hat dann meistens eine Dampflok der Baureihe 50 Kab (Kabinentender) aus Hamburg die Güterwagen der Papierfabrik und andere im Bahnhof Glückstadt aufgenommen und Richtung Elmshorn gebracht. Später wurde dieser Dienst von einer Diesellok der Baureihe 260 übernommen. Im EAW Glückstadt wurden damals Wagons aufgearbeitet und alte Dampfloks verschrottet. Da kam so manches Teil nach Glückstadt.
Damals spielte die Marschbahn zusammen mit der Schifffahrt im Güterverkehr noch eine große Rolle. So war Glückstadt für einen technisch interessiert Jungen ein kleines Eldorado.
Später dann machte man in dem Glauben, man bekäme eine Anbindung an den Hamburger S-Bahn Verkehr, den Fehler, den Bahnsteig zu verkürzen, an dem damals noch ein Zug mit dreizehn Schnellzugwagen halten konnte. So konnten z.B. die langen Züge der NOB in Glückstadt nicht halten und der Niedergang war nur eine Frage der Zeit.
Leider setzte man damals politisch immer mehr auf den Straßenverkehr, nach heutigen Erkenntnissen auf das „falsche Pferd“. Heute hat die Papierfabrik Steinbeis keine Gleisanschlüsse mehr und in Glückstadt ist auch kein Güterverkehr auf der Schiene mehr möglich, denn man hat alles weggerissen.
Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn Glückstadt in Sachen Eisenbahnverbindung noch mehr an Bedeutung verlieren würde und der Teil der Marschbahn zur Nebenbahnstrecke verkommt.
Letztendlich werden dann das eine Unternehmen und die Landespolitiker die Verantwortung dafür tragen müssen, dass eine ganze Stadt vom Hauptbahnverkehr abgehängt wird.
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